Prolog

5 Tage und 3000 km liegen hinter mir. Der Umzugstransporter ist abgegeben und ich bin wieder dorthin, wo ich mein Hab und Gut vorgestern ausgeladen habe: Norwegen.

Ich bin Carolin und du liest eine Story von a whisper in the cosmos, dem Ort für kleine Geschichten und Erlebnisse aus meinem Leben.

Hei ✨

Willkommen, schön dich hier zu treffen. Soo weit weg von dort wo ich aufgewachsen bin und wo meine Familie wohnt ist es gar nicht, aber es war schon eine Herausforderung. Ich glaube, ich habe noch nie so oft geheult, wie in den vergangenen Wochen. Zuletzt reichte schon irgendein Foto oder ein Gegenstand, der mir die Tränen in die Augen trieb. Manchmal half tief durchatmen, manchmal half Ablenkung und manchmal musste es einfach raus. Es wurde besser nachdem alles eingepackt war, aber das hat eine Weile gedauert, denn ich habe Zeug. Viel Zeug. Sehr viel Zeug, was ich in große Kartons packe. In viele große Kartons. Nach und nach verschwinden die Gegenstände darin und mein Leben besteht fast nur noch aus Aufschriften wie Küche, Deko, Kleidung, Küche, Outdoor, Küche, Kleidung, Wintersachen, Stoffe, Küche. Dabei wechselten sich meine Emotionen ab wie beim Staffellauf: Vorfreude, Heimweh (irgendwie jetzt schon), Abenteuerlust, Überforderung. Zum Glück haben Vorfreude und Abenteuerlust dann doch die Oberhand behalten und diesen Prolog schreibe ich bereits in meinem neuen Zuhause. Dazu aber beim nächsten Mal mehr 😉 Jetzt nehme ich dich erstmal nochmal ein paar Tage zurück. Zu meinem ersten (richtigen) Morgen nach dem Umzug.


Ein Streifen Morgen

Das Schiff schläft noch. Die einzigen Personen, die mir begegnen, sind Mitglieder der Crew, die das Schiff für den bevorstehenden Morgen herrichten. Es ist kurz nach sechs. Vor fünfzehn Minuten hat mein Wecker geklingelt. Meine kleine Kabine hatte mich abgeschirmt von den vielen Menschen, die gestern Abend noch umherliefen. Jetzt steige ich auf leisem Teppichboden die drei Stockwerke hinauf und dann hinaus aufs Deck. Pfützen bedecken den Boden, beleuchtet von spärlichen Lichtern und dem vereinzelten Glimmen von Zigaretten.

Ich lehne an der Reling. Hinter mir noch pechschwarze Nacht, doch nach vorne gerichtet ein Streifen Morgen. Orangen flimmert er zum vibrierenden Brummen des Schiffes unter mir. Auf den anderen Seite trennt sich der Himmel mit jeder Minute mehr von der dunklen Masse des Meers und gibt den Horizont frei.

Versunken im Farbenspiel vor mir, stört mich die Gischt nicht, die ich abbekomme. Auch dann nicht, als ich bemerke, dass der Sprühnebel vom Deck unter mir kommt, das gekärchert wird. Die Sonne zeigt sich nur für einen Augenblick. Kurz darauf haben die Wolken den Streifen Morgen verschwinden lassen. Vom Wind durchgekühlt, fühlt sich der Chai Latte wie der beste an, den ich je getrunken habe. Inzwischen ist die Nacht komplett den Farben gewichen, während wir in den Oslofjord hineinsteuern. Das Schiff erwacht langsam zum Leben. Restaurants füllen sich, Kaffeemaschinen laufen, erste Gespräche ergänzen das Brummen, und der Geruch von Rührei und Bacon zieht an meinem Tisch vorbei.

Die Überfahrt war ruhig. Meine Gedanken springen: Ich ziehe nach Norwegen. Was ein Wahnsinn, und nach den ganzen Eindrücken der letzten Tage, tut es gut, die Geschwindigkeit mal rauszunehmen. Das Abenteuer hat begonnen.

Pünktlich um zehn legt das Schiff in Oslo an, und ich betrete mein neues Heimatland.


Bis zum nächsten Mal ✨