Kapitel 27

Sonne, Berge, Familie und Freunde. Mein erster Sommer hier hat alle Versprechungen gehalten. Trotz kleinerer emotionaler Tiefs, war es: Deluxe.

Ich bin Carolin und du liest ein Kapitel von a whisper in the cosmos, dem Ort für kleine Geschichten und Erlebnisse aus meinem Leben.

Hei ✨

Schön dich hier zu treffen. Fühlt sich gut an, wieder zu schreiben! Ich bin aus der Sommerpause zurück, aufgetankt mit Energie, Erlebnissen und bereit für die folgenden Monate. Heute habe ich zum ersten Mal die Heizung wieder angemacht, da die Nächte nun einstellig sind (psst, der Kamin lief diese Woche auch schon einmal 😄). Draußen werden die Berghänge langsam bunt und der Nebel liegt morgens immer tiefer im Tal. In den nächsten Wochen muss ich neues Holz bestellen, denn der Herbst macht hier bekanntlich keinen langen Stopp. Aber bevor es darum geht, halte ich nochmal an und nehme dich mit in ein paar Sommermomente.

Willkommen bei Kapitel 27.


Die ganzen letzten zwei Monate zusammenfassen? Nicht möglich 😉 Ich glaube, einen derartigen Sommer sieht man hier auch nicht so oft. Es war viel gutes Wetter, so dass ich mit meinen Projekten im Haus gar nicht viel weitergekommen bin. Dafür war ich einfach zu viel unterwegs oder habe draußen im Garten gearbeitet. Ich habe ein Country-Festival besucht (typisch: als großes Event angekündigt, war es dann eine süße kleine Bühne, aber mit guter Stimmung). Während im Hochbeet die Radieschen langsam größer wurden (am Ende gab es Radiese zu ernten), war ich für ein paar Tage auf einer Ziegenfarm in den Bergen (bei einer Freundin), habe eine geführte Gipfeltour gemacht (auf der sich meine Wanderschuhe verabschiedet haben), in der Sonne gelegen, gelesen und Gartenmöbel gebaut. Währenddessen wuchs mein Rasen wie Unkraut, eigentlich auch ganz schön mit den Wildblumen, aber mähen musste ich dann doch mehrmals (ich sollte mir ein Schaf holen). Dann kam meine Familie für eine Woche und es gab ne fette Party, bevor es campen ging. Im Wald gab es so viele Beeren, dass ich aus dem Marmeladekochen gar nicht mehr rausgekommen bin.

Und alles andere? Der mittlerweile bekannte Herzschmerz bei Abschieden von Familie, aber auch von einer neu gewonnenen Freundin, die leider zurück in ihre Heimat musste und vom Sommer natürlich. Abends ist es jetzt auch wieder dunkel. Man kann den Temperaturen beim Abwärtsklettern zuschauen. Losgelöst von meiner üblichen Wochenstruktur (Strickcafé hatte Pause und den Sprachkurs hab ich abgeschlossen), hatte ich neben der Arbeit gar keine festen Kontaktpunkte mit Norwegen. Zum ersten Mal ist mir aufgefallen, wie wenig Norwegisch ich im Alltag spreche – besonders, als Familie und Freunde aus Deutschland hier waren. Das geht dann meistens einher mit einem unangenehmen Sich-fremd-Fühlen. So, als wäre ich wieder als Touristin unterwegs. Das Gefühl, dass ich eigentlich hier wohne, braucht immer ein paar Momente, um wieder ins Bewusstsein zu sickern. Keine Ahnung, ob das je anders wird 😅 Dafür aber auch ganz schön, wenn ich in der Tankstelle auf ein vorsichtiges »Sprechen Sie vielleicht deutsch?« mit einem Ja antworten kann – und im Juli gab es super viele deutsche Touristen, was zu einigen schönen und lustigen Momenten auf der Arbeit geführt hat. Englisch ist für viele nämlich wirklich eine Fremdsprache und auf »Thank you« begrenzt. Da wurde man an der Kasse öfters einfach auf deutsch begrüßt (immer freundlich allerdings 😉). Ich erinnere mich an verlorene und gefundene Portemonnaies, Bestellungen aka »Einen Obstbecher bitte«, oder »Hey Chefin, geht da noch ein bisschen Ketchup drauf?« (wohlgemerkt beidesmal ohne, dass ich mich als deutschsprechend geoutet hatte 😂) und die Überraschung, wenn ich mich dann doch mal mit einem »Schönen Tag noch« verabschiedet habe.


Sommer & Freundschaft 🐐

04:50, der Wecker klingelt. Drei Minuten später klingelt auch die Uhr an meinem Handgelenk, als Backup. Nochmal umdrehen ist keine Option. Ich schäle mich aus dem Bett – draußen ist es bereits hell, was das Aufstehen deutlich erleichtert. In der Küche treffe ich auf Elena, bei der ich zu Besuch bin. Hier oben in den Bergen, mit Blick auf schneebedeckte Gipfel in der Ferne, wo es nur zweimal am Tag Strom gibt (dafür ist der Handyempfang natürlich erste Sahne – schade, auch ein bisschen 😄). Verschlafen nicken wir uns zu und setzen erstmal Teewasser auf. Draußen leuchten die Berge morgenrot in der Sonne. Alles ist noch ruhig.
Einen Tee und eine Banane später schlüpfen wir in grüne Overalls und Gummistiefel und stapfen durch die feuchte Wiese hinüber zum Stall. 250 Ziegen erwarten uns hier. Elena schmeißt den Dieselgenerator an und die Morgenruhe wird unterbrochen von der angehenden Melkmaschinerie. Anderthalb Stunden später sind rund alle Ziegen gefüttert, 170 davon gemolken und wir öffnen die Tore, um sie aus dem Gehege zu lassen. Eine Karawane aus Hufen besetzt den Schotterweg und macht sich auf in die Richtung, wo der Wind heute herkommt. Über ihnen eine Staubwolke. Elena und ich schmeißen erneut den Teekessel an und dann gibt es draußen in der Sonne das zweite Frühstück.

Nachdem das erledigt ist, schnappen wir uns Storm, den Hütehund, packen was zu trinken ein und machen uns auf eine kleine Wanderung. Vorbei an Höfen, die mindestens genauso alt sind wie der Hof, wo Elena arbeitet. Entlang schmaler Pfade und durch lichten Birkenwald, bis wir auf einer Anhöhe an einen See kommen. Kurz ins Wasser gedippt, zur Erfrischung, und danach gibt es eine Snackpause im Schatten. Die Sonne brennt jetzt unerbittlich und Storm hechelt ganz schön. Elena packt ihn sich auf die Schultern und trägt ihn ein Stück, bis wir wieder mehr Bäume um uns haben. Das letzte Stück geht entlang der schmalen Schotterstraße, auf der ich vor ein paar Tagen zu der Farm gepoltert bin. Die Ansammlung an kleinen Häusern sieht man schon aus der Ferne. Sie schmiegen sich an den Fuß des Berges, dessen Hang gefurcht ist von vielen kleinen Hügeln. Trotz Arbeit ist der Tag hier leicht. Selbst dann, wenn man mal eine Stunde durch den Wald stapfen muss, weil die Ziegen ihr erlaubtes Gebiet verlassen haben und man sie zurückholen muss 😂
Alles, was mich sonst innerlich so aufwühlt, beruhigt sich hier und Elena und ich verstehen uns, als würden wir uns schon ewig kennen. Kein Wunder also, dass ich eine Woche später nochmal hier sein werde.


Soundecho

Gegen die Nebelwolken und die Regentage gibt es diesen sonnigen Song:


Level Up ⬆️

Gartenmöbel 🪚

Die gewonnene Energie musste in kreative Projekte fließen. In diesem Fall: Loungeecke und Esstisch für die Veranda 💪

Scheunenparty 🎉

Meine Garage ist nun offiziell Party approved. 

Gipfeltour ⛰️

Geführte Tour im Jotunheimen. Das letzte Stück zum Gipfel wurde erklettert.


Bis zum nächsten Mal ✨