Kapitel 23

Freie Wege, neue Wege und bekannte Wege. Mein Bewegungsradius hat sich erweitert und mein Akku hatte es sehr nötig: Auftanken.

zum ersten Mal wieder alleine unterwegs im Fjell
Ich bin Carolin und du liest ein Kapitel von a whisper in the cosmos, dem Ort für kleine Geschichten und Erlebnisse aus meinem Leben.

Hei ✨

Schön dich hier zu treffen. Letzte Woche habe ich meinen Kopf so gar nicht dazu bekommen, irgendwas zu schreiben. Ich hatte zwar mit dem Kapitel begonnen, bin aber nicht weit gekommen. Obwohl ich genug Inhalte gehabt hätte, hat mich nach wenigen Zeilen eine Unruhe überkommen, und mein Kopf war wie leer gefegt. Kreativer Akku im Stromsparmodus. Ich musste mal raus. Zum Glück hab ich meinen Van jetzt hier, mit dem ich für eine Nacht weg bin. Es waren nur kurz, aber jetzt haue ich mit neuer Energie in die Tasten und habe das Gefühl, dass es ein längeres Kapitel wird 🫣.
(edit: muss eigentlich nur noch den Feinschliff machen, aber stattdessen habe ich schon den Esstisch umgestellt, meinen neuen Wochenplan aufgeschrieben, Hundevideos geschaut und hole gerade Kekse aus dem Backofen 🤣)
Die Ostertage sind vorbeigezogen, während ich hinter der Kasse stand (meine Softeisversuche nehmen langsam Form an). Danach hatte ich aber endlich wieder Zeit für Freundinnen. Außerdem gab es neue Möbel fürs Haus, Sonne zu tanken und nächtliche Begegnungen.
Willkommen bei Kapitel 23.


Es war ein ganz schönes Auf und Ab in den letzten Wochen. Einerseits bin ich mega glücklich, weil ich meinen Van jetzt hier habe, andererseits hat mich die Frustration immer wieder wieder von hinten überfallen, dass ich gerade noch keinen nächsten Schritt parat habe. Ich habe zwar etwas in Planung, aber hätte natürlich gerne, dass es morgen schon so weit ist. Meine Projektlisten werden länger und länger. Apropos Projekte, seit dem letzten Kapitel sind ein paar abgeschlossen:

Ein Projekt, was gar keines war, bis mein Freund und ich im Second Hand Laden davorstanden. Wir wollten ja nur mal eben ins Nachbardorf, um Bilderrahmen (ja, noch mehr) zu kaufen, aber dann standen wir davor und es war Liebe auf den ersten Blick: Ein Esstisch mit vier Stühlen. Da ich einen Tresen habe, war ein Esstisch eigentlich nicht nötig, aber meine Güte, wie teuer sind denn bitte gescheite Barhocker?? Und Second Hand findet man die so gut wie gar nicht. Jetzt steht ein kleiner, ausziehbarer Esstisch im Wohnzimmer und sieht so aus, als wäre er genau für hier bestimmt gewesen. Dafür musste der Sessel, der zwar süß ist, aber in dem nie jemand gesessen hat, weichen. Dieser steht seitdem quasi mitten im Raum und wird plötzlich genutzt, dabei sollte er doch in den Keller wandern… Vielleicht darf er hier oben bleiben 😉.
Außerdem hängen endlich Gardinen im Wohnzimmer 🥳. Sie sind allerdings noch zu lang und ich muss aufpassen, dass ich sie bald kürze, sonst gewöhn ich mich noch an sie, so wie an das Fahrrad…

Das Fahrrad. Nach Wochen und Wochen der trauten Zweisamkeit war es eigentlich schon zum festen Bestandteil der Einrichtung geworden, und es hätte fast ein eigenes Namensschild an der Haustür bekommen, doch dann musste es wieder hinaus. Die Piggdekks hab ich alleine gewechselt bekommen, aber als es dann an das Problem mit der Schaltung ging, bin ich verzweifelt – alles natürlich wieder kurz vor knapp vor der Arbeit, was mich zusätzlich gestresst hat (warum stand es wohl so lange im Flur?!). Bin dann doch wieder mit dem anderen Fahrrad gefahren. Mein Freund hat es dann schließlich repariert, nachdem er mein Gefluche und meine hoffnungslosen Versuche, es doch noch zu schaffen, mit Händen in den Taschen beobachtet hatte, was mich natürlich überhaupt nicht noch mehr gestresst hat 😂 Aber jetzt fährt es wieder.
Mit dem Fahrrad im Frühlingsmodus ging es dann auch direkt durch den Regen, und der Rückweg bestand aus einem Regenwurmslalom im Dunkeln. Während ich so auf die Regenwürmer konzentriert war, die immer wieder im Kegel meiner Fahrradlampe erschienen, wurde etwas am Straßenrand reflektiert, was ich nicht genau erkennen konnte. Ich kniff die Augen zusammen. Dieses Etwas bewegte sich, es war groß. Ein Tier? »Ein Elch!«, ruft irgendwas in mir. Ich habe absolut keine Ahnung, bremse etwas ab. Dann bin ich fast auf gleicher Höhe. Das Etwas grüßt mich mit »Hei«. Ich erschrecke. Es ist ein Mann, der mit seinem Hund Gassi geht. Ich muss lachen. Naja, irgendwann werde ich meinen ersten Elch ja wohl noch sehen. Muss auch nicht beim Fahrradfahren sein.
Zwei Tage später, wieder im Dunkeln, huschte ein Waschbär vor mir über den Radweg und verschwand in einem Wasserrohr. Als ich das meiner Wanderfreundin erzählte, fing sie an zu lachen und meinte, dass es hier keine Waschbären gäbe. Es muss wohl ein grevling (Dachs) gewesen sein. Da gibt es noch viel zu lernen 😄.

Von zwei Rädern zu vier Rädern: Ich war zum ersten Mal mit meinem Van unterwegs, den ich vor Ostern mit meinem Freund hergeholt habe (vollgepackt, unter anderem mit einem Rasenmäher, einem Monitor und weiterem Kleinkram).
Ich war nur eine Nacht weg, aber es hat sich angefühlt, wie eine Woche. Und dabei habe ich all das direkt vor der Haustür, immer noch ein Wahnsinn, wenn ich darüber nachdenke. Es war irgendwie ein ganz komisches Gefühl, mit dem Van unterwegs zu sein, denn mit ihm habe ich so viele Wochen hier im Urlaub verbracht, dass es merkwürdig ist, mit ihm jetzt zu fahren, wo ich doch hier wohne (Gedankenknoten). Fühlt sich ein bisschen unwirklich an. Das Schönste ist nach so einem Trip immer die Vorfreude auf Zuhause. Ich musste zwar noch arbeiten, aber mit so viel frischer Luft in der Nase ging die Schicht auch schnell rum.


Alltags Escape 🌄


Irgendwo klingelt mein Wecker. Es dauert etwas, bis ich die kleine Tasche in meinem Schlafsack orten und den Alarm beenden kann. Durch die verhangenen Scheiben dringt Licht, viel Licht. Die Sonne hat hier oben auf dem Fjell fast keine Hindernisse und scheint um 6 Uhr morgens schon direkt auf meinen Van. Ich blicke auf mein Innenthermometer: -3 Grad. Brr, ich drehe mich nochmal um und schlafe bis halb acht weiter. Jetzt sind es zumindest 0 Grad. Ich löse die Verdunkelungen von den Scheiben und schiebe mich in die Sonnenstrahlen. Meinen kleinen Lüfter lasse ich für ein paar Minuten laufen, danach ist es schon besser. Gefroren habe ich nachts zum Glück nicht (hatte ja eigentlich genug Wolle für die nächsten Monate, aber habe dann doch dankbar mein Merinoshirt angezogen). Ich schäle mich widerwillig aus dem Schlafsack, frühstücke und ziehe mich an. Zähnegeputzt wird draußen, wo es sich wärmer anfühlt als im Van 😉. Einzelne Autos rauschen vorbei. Die letzten hartnäckigen Schneefelder glitzern mir entgegen. Ein paar Kilometer höher im Fjell ist noch mehr Schnee und Rentierschutzzone, dort darf man weder halten noch parken.

Nachdem die Ordnung im Van wieder hergestellt ist, geht es zum Wanderparkplatz, den ich gestern Abend gefunden habe. Hatte gesehen, dass es da eine Tour zu einem Wasserfall gibt, und dafür bin ich immer zu haben. Es geht zuerst entlang einer Skiloipe, die traurig dahingeschmolzen ist und nur noch wenige weiße Abschnitte hat. Rechts und links stehen krumme, gedrungene Birken, die über und über mit Flechten behangen sind. Ein bisschen wie ein Märchenwald, bei dem einem nicht ganz geheuer wäre, würde die Sonne nicht so hell am wolkenlosen Himmel stehen. Ich passiere eine kleine Hütte mit Grill, bestimmt sehr gemütlich im Winter. Dahinter zweigt ein schmaler Pfad von der Loipe ab und führt hinab ins Tal. Der Schnee gibt guten Halt und knirscht unter meinen Schuhen. Hier und da gibt es Eisflächen wie Glas, unter denen gluckernd ein kleiner Bachlauf fließt, den man nur an den kleinen, sich bewegenden Bläschen erkennt. Im Tal treffe ich auf einen breiten Schotterweg, der über einen größeren Fluss und entlang eines alten seter (früher vorwiegend im Sommer genutzte Höfe) wieder etwas hinaufführt. Dann passiere ich eine Pausenbank, die einladend in der Sonne liegt, doch ich will zuerst zum Wasserfall.

Entlang eines schmalen Pfades geht es wieder hinab, ich überquere ein Geröllfeld und nochmal einen kleinen Bach. Dann geht es durch moosigen Nadelwald hinauf, bis sich rechts von mir der Wald etwas öffnet und Blick auf imposante Wassermassen frei gibt, die sich in die Tiefe stürzen. Zu der Jahreszeit und bei dem Wetter rauscht es ordentlich. Ganz unten erkenne ich noch Schnee. Ein steiler Pfad führt mich hinab zum Fuße des Wasserfalls. Kurz bevor ich ganz unten ankomme, muss ich doch meine Schneeketten, die ich in letzter Sekunde doch noch in den Rucksack geworfen hatte, überziehen, denn alle Steine sind von einer klaren Schicht Eis bezogen, die ich fast zu spät bemerkt hätte. Spiegelglatt von der aufstäubenden Gischt. Die Sonne kommt hier unten noch nicht kräftig genug hin. Mit den Spikes ist es aber kein Problem. Über Steintreppen geht es dann wieder so zügig hinauf, dass ich nach wenigen Metern Stirnband, Schal und Jacke ablege. Oben wartet die Bank auf mich, auf der ich mich erstmal niederlasse und die Sonne genieße. Ich packe meine Snacks aus. Nach und nach ziehe ich meine Schichten wieder über, und bevor es mir zu kalt wird, mache ich mich auf den Rückweg. Der Boden ist mittlerweile, obwohl es nur knapp zwei Stunden her ist, an einigen Stellen aufgetaut und matschig. Ich nutze die Schneefelder, um meine Schuhe wieder sauber zu kriegen.
Wieder am Van bürste ich verbliebenen Schmutz von meinen Schuhen, und kurz darauf rolle ich wieder auf der schmalen Straße durchs Fjell, auf der Suche nach einem geeigneten Platz fürs Mittagessen, denn jetzt habe ich Hunger 😊.

Der schmelzende Schnee füttert den Wasserfall

Soundecho

Fahrtwind und Musik und dazu was grooviges, wie diesen Song.


Level Up ⬆️

Zwei Räder 🚲

Nach Wochen (!) endlich das Piggdekk abgemacht, jetzt wohnt mein Fahrrad nicht mehr im Flur 😆

Vier Räder 🚌

Endlich, endlich hab ich meinen Van da und kann mal raus hier. Ganz neue Möglichkeiten jetzt.

Sechs Räder 🛼

Hab meine Inline Skates abgestaubt und bin damit schon zur Arbeit gedüst.


Bis zum nächsten Mal ✨